Der Hof mit dem offenen Brunnen

von Markus Bodenmüller


Es gab einen Hof,
auf dem ein alter Brunnen stand.
Er war nie richtig abgedeckt.
Das Wasser darin war trüb,
aber es bewegte sich ständig.

Die Menschen des Hofes kamen oft zusammen.
Nicht, um zu trinken.
Sondern um zu rufen.
Um zu zeigen,
wie tief der Brunnen sei,
wie gefährlich,
wie unberechenbar.

Manche ließen Steine hineinfallen,
nur um das Geräusch zu hören.
Andere beugten sich darüber,
sprachen lange
und gingen erschöpft davon.

Ein Kind stand oft daneben.
Es hielt den Rand fest
und achtete darauf,
dass niemand hineinrutschte.
Es lernte früh,
wie man wach bleibt,
wenn Wasser in Bewegung sein muss.

Eines Tages deckte das Kind
den Brunnen mit einem Brett zu.
Nicht fest.
Nur so,
dass das Rufen leiser wurde.

Der Hof wurde still.

Einige wurden unruhig.
Sie klopften auf das Holz,
fragten, ob noch etwas da sei.
Andere sagten,
der Hof habe seinen Sinn verloren.

Das Kind ging weiter.
Mit trockenen Händen.
Und zum ersten Mal
mit Blick für den Himmel.

Nach oben scrollen