Nähe ohne Anspruch

von Markus Bodenmüller


Das Haus mit den dünnen Wänden

Es gab ein Haus,
in dem die Wände sehr dünn waren.

Nicht brüchig.
Nicht schlecht gebaut.
Nur dünn.

Man hörte jedes Geräusch.
Schritte.
Atem.
Das Umstellen eines Glases.

Die Bewohner lernten früh,
sich leise zu bewegen.

Sie schlossen Türen behutsam,
setzten Tassen vorsichtig ab,
sprachen klar, aber kurz.

Nicht aus Angst.
Aus Rücksicht.

Eines Tages zog jemand ein,
der anders lebte.

Er lachte laut.
Atmete tief.
Sprach, wenn ihm danach war.

Nicht gegen das Haus.
Einfach so.

Und das Haus begann zu zittern.
Nicht sichtbar.
Aber spürbar.

Die Bewohner sagten nichts.
Sie ordneten nur alles noch genauer,
damit nichts ins Schwanken geriet.

Der neue Mensch verstand das falsch.
Er dachte,
er müsse noch näher kommen,
um gehört zu werden.

Doch je näher er kam,
desto stiller wurde das Haus.

Bis eines Abends
niemand mehr sprach.

Später,
als der neue Mensch gegangen war,
öffnete jemand ein Fenster.

Nur einen Spalt.
Nicht um zu rufen.
Nicht um zu erklären.

Nur,
damit frische Luft hereinkam.

Und das Haus
hörte auf zu zittern.

Wenn du hier aufhörst, reicht es.

Wenn du weiter ausprobieren möchtest,
kannst du das auch tun.

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