Über das Einschlafen

Ein stiller Gedanke über Kontur

von Markus Bodenmüller


Am Abend lag ein Mann im Bett,
und obwohl der Tag längst gegangen war,
hielt er ihn noch fest.

Nicht aus Absicht.
Nicht aus Sorge.
Eher so,
wie man einen Stein in der Hand behält,
nur weil man vergessen hat,
ihn loszulassen.

Der Schlaf stand bereits an der Tür.
Geduldig.
Unaufdringlich.
Er klopfte nicht.
Er wartete.

Der Mann dachte:
Ich muss schlafen.
Und genau in diesem Müssen
blieb er wach.


Schlafen ist kein Zustand, den man herstellt.
Es ist ein Übergang.

Viele Menschen verlieren dort ihre Kontur.
Sie fallen – oder sie halten fest.
Beides ist anstrengend.

Kontur im Einschlafen bedeutet etwas anderes:
nicht wach bleiben zu müssen
und nicht verschwinden zu wollen.

Es bedeutet,
bei sich zu bleiben,
während man geht.

Der Körper weiß, wie das geht.
Er braucht keinen Befehl.
Nur Erlaubnis.


Nenne es nicht:
Ich schlafe.

Sag eher:
Ich gleite in den Schlaf.

Oder noch leiser:
Der Schlaf darf mich finden.

In diesem Finden
muss nichts kontrolliert werden.
Und nichts aufgegeben.


Später,
als der Mann bereits schlief,
lag der Stein noch auf dem Tisch.

Er musste ihn nicht weglegen.
Er hatte einfach aufgehört,
ihn zu halten.


Essenz

Schlaf beginnt dort,
wo ich bei mir bleibe,
während ich loslasse.


Mini-Übung (für heute Abend)

Wenn du im Bett liegst, sag nicht: Ich muss schlafen.
Sag stattdessen – einmal, leise:

Ich bleibe bei mir.
Der Schlaf weiß den Weg.

Dann tu nichts weiter.

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